Weiter geht’s – 4-stimmige Akkorde beschäftigen uns auch in dieser Workshop-Folge. Dabei blicken wir diesmal auf verminderte Septakkorde am Klavier und klären die Frage, ob es auch einen übermäßigen Septakkord gibt. Außerdem begegnen wir noch einigen anderen teils exotischen Formen von Vierklängen.
Das wird ein bisschen kompliziert und ganz schön anstrengend werden, aber wenn du fleißig mit den vorangegangenen Teilen unserer Klavierakkord-Reihe gearbeitet hast, sollte das kein Problem für dich sein. Auf jeden Fall solltest du dir auch die erste Folge über vierstimmige Akkorde anschauen. Atme tief durch, wir legen los!
Wie du bereits weißt, sollten musiktheoretische Inhalte nie ohne akustische Unterstützung konsumiert werden. Das Ohr versteht nämlich mit, sozusagen. Um dir das Ganze zusätzlich zu erleichtern, haben wir auch alle Akkorde dieses letzten Teils unserer Klavierakkord-Reihe bereits in das virtuelle Klavier* einprogrammiert. So musst du nur noch auf „Spielen“ klicken, und schon kannst du den jeweiligen Klavierakkord anhören.
Analog zu Dur und Moll vermittelt auch der verminderte Septakkord den Eindruck, es handle sich dabei um einen verminderten Grundakkord mit einer der beiden Septimen, entweder groß oder klein. In der Tat ist es aber so, dass beim verminderten Septakkord sowohl der Grundakkord als auch die Septime vermindert sind.
Nimmt man ganz allgemein eine kleine Septime und erniedrigt sie zusätzlich mittels eines weiteren Vorzeichens um einen Halbton, wird sie zu einer verminderten Septime. Vom Ton C führt uns die große Septime wie gehabt also zum Ton H, die kleine zu Bb und die verminderte Septime zum Ton Heses. Deshalb lauten die Töne des verminderten Septakkords vom Ton C also: C – Es – Ges – Heses (A).
Im Gegensatz dazu gibt es aber auch den sogenannten halbverminderten Septakkord, der schon von Johann Sebastian Bach verwendet wurde und heute beispielsweise im Jazz oder neueren Stilistiken wie Neo-Soul häufige Nutzung erfährt.
Bei dieser abgewandelten Version des verminderten Septakkords ist nur der Grundakkord, nicht aber die Septime, vermindert. Es handelt sich dabei also um einen verminderten Akkord mit kleiner Septime, somit landen wird bei den Tönen: C – Es – Ges – Bb.
Wir hatten festgestellt, dass man grundsätzlich aus jedem dreistimmigen Akkord einen Septakkord machen kann, der dann eben vier Töne hat, so ist das auch beim übermäßigen Akkord. Allerdings muss, analog zum verminderten Septakkord, beim übermäßigen Septakkord nicht nur der Grundakkord übermäßig sein, sondern auch die Septime. Erhöht man eine große Septime um einen Halbton, erhält man eine übermäßige Septime.
Beim übermäßigen Septakkord von C aus würde das also zu den Tönen führen: C – E – Gis – His. Jeder, der sich mit enharmonischer Verwechslung auskennt, weiß aber, dass die Töne His und C am Klavier gespielt genau gleich klingen.
Auch wenn also beim übermäßigen Septakkord richtigerweise ein His notiert wird, klingt dieser Ton gespielt wie ein C, deshalb hört man beim übermäßigen Septakkord eigentlich die Töne: C – E – Gis – C.
Die übermäßige Septime entspricht klingend also einer Oktave, somit erklingt lediglich ein übermäßiger Akkord mit gedoppeltem Grundton. Genau deswegen existiert der übermäßige Septakkord also nur in der Theorie.
Etwas für die Expertenrunde: In der Praxis wird er deshalb nicht selten durch einen ähnlichen Akkord ersetzt, dieser hat die Töne C, E, Gis und H. Streng genommen handelt es sich dabei um den halbübermäßigen Septakkord, allerdings ist dieser dem vollübermäßigen Septakkord sehr ähnlich und wird deshalb funktional und namentlich gerne als Substitut eingesetzt. Beide sind aber nicht zu verwechseln mit dem übermäßigen Dominantseptakkord.
Natürlich gibt es in der Harmonielehre noch viele weitere vierstimmige Akkorde, wir schauen uns zum Abschluss unserer Klavierakkord-Reihe jetzt noch zwei oft verwendete Exemplare an. Den Anfang macht der sogenannte übermäßige Dominantseptakkord.
Bereits im ersten Teil unserer vierstimmigen Akkorde ist uns der Dominantseptakkord begegnet, kurz zur Erinnerung: es handelt sich dabei um einen Dur-Akkord mit kleiner Septime, der klanglich nach einer Auflösung strebt. Um die Spannung dieses Akkords noch weiter zu steigern, kann die Quinte zusätzlich um einen Halbton erhöht werden.
Dieser Akkord kann auf unterschiedliche Art benannt werden. Es handelt sich entweder um einen übermäßigen Akkord mit kleiner Septime, oder um den übermäßigen Septakkord. Dominantseptakkord mit hochalterierter Quinte ist allerdings auch möglich (hochalteriert = ein Ton wurde nach oben hin verändert) und bei einem notierten Jazz-Standard findet man ihn als D7 #5, wobei D für die Funktion Dominante steht.
Ein weiterer interessanter vierstimmiger Akkord ist der sogenannte Sixte ajoutée. Er nutzt als vierten Ton ausnahmsweise nicht die Septime. Stattdessen greift er auf die große Sexte zu und geht in einem funktionalen Zusammenhang auf den barocken Komponisten Jean-Philippe Rameau zurück. Seitdem kommt dieser vierstimmige Akkord oft als Subdominante zum Einsatz und wird deshalb auch als Subdominant-Quintsextakkord bezeichnet.
Sicher weißt du schon, was jetzt kommt. Dein musikalisches Gehör und dein Tastsinn tragen auch zum Verständnis solch komplexer musiktheoretischer Inhalte bei. Unterschätze deren Einfluss nicht und profitiere davon, indem du alle Akkorde spielst und sie richtig übst – vor allem für Septakkorde am Klavier ist das wichtig. Versuche auch hier, dir die „Klangfarbe“ der Akkord einzuprägen. Umso schneller wirst du dich auch mit schwierigen Klavierakkorden und vierstimmigen Harmonien wohlfühlen. Bleib dran, es lohnt sich!
Teil 1: Klavierakkorde lernen leicht gemacht
Teil 2: Klavierakkorde & Umkehrungen
Teil 3: Slash-Akkorde
Teil 4: Vierstimmige Akkorde
Teil 5: Septakkorde
Teil 6: Klavier-Akkorde üben – Aufgaben & Lösungen
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