Ulf Kleiner über Vintage E-Pianos
Lass uns mal über Keyboards sprechen. Die meisten Leute kennen dich ja als passionierten Fender-Rhodes-Spieler. Gab es eine Geschichte, wie du zum Rhodes kamst?
Die Geschichte ist ziemlich einfach: Als ich Ende der 90er in den deutschen Jazzclubs unterwegs war, standen dort vor allem abgespielte Klaviere in nicht so tollem Zustand. Ich habe mich regelmäßig in der Situation gesehen, wie Schlagzeug, Bass und Saxophon einen tierischen Sound hatten, und ich saß am Klavier und dachte, eigentlich klingt es am besten, wenn ich nicht spiele.
Das Klavier ist sowieso das leiseste Instrument in der Band und wenn es dann noch wie ein Cembalo klingt, hat das mit Charme überhaupt nichts mehr zu tun. Ich hatte mir davor schon ein Rhodes gekauft und hatte das dann einmal beim Gig dabei. Die anderen haben gesagt, das bleibt jetzt. Seitdem bin ich mit dem Ding unterwegs! Es hat einfach viel besser gepasst, hatte viel mehr Wärme und klang gleichbleibend. Das ist ja ein großes Thema für Pianisten: sich auf einen Flügel einzustellen. Man sagt ja immer, es ist gut, sich außerhalb der Komfortzone zu bewegen, aber wenn ein Flügel nicht gut klingt oder man ihn nicht gut kontrollieren kann, dann ist das leider eher grausam.
Hattest du das Rhodes damals auch schon mit Effekten gespielt, so wie heute?
Nein, damals hatte ich erstmal einfach ein Rhodes und einen Amp. Irgendwann habe ich angefangen, ein bisschen daran herumzuschrauben und es einzustellen und war damit erstmal glücklich. Über die Jahre kamen dann immer mal Effekte dazu, die ich ausprobiert habe. Und wenn sie mir gefallen haben, sind sie geblieben.
Welche Effekte sind geblieben?
Ich habe einen Moogerfooger Phaser, der ganz toll klingt, allerdings rauscht er ein wenig. Dann habe ich den Boss CE-2 (Chorus), den ich gerne mag, weil er auch ein bisschen verzerrt, allerdings klingt er auch schnell cheesy. Tape-Delay klingt natürlich auch tierisch, ich habe zwei Stück davon, die bleiben aber meistens zu Hause. Außerdem habe ich noch ein paar Verzerrer, ein altes MXR Auto-Wah – und natürlich das Suitcase-Tremolo. Manchmal mache ich noch ein paar Effekte mit dem Rhodes und Ableton Live…
Wie puristisch bist du, was die Originale angeht, und wie stehst du zu den ganzen Simulationen, Stage-Pianos und Plug-Ins?
Ich habe meinen Roland JV-80 damals echt geliebt, d.h. ich habe keine Berührungsängste mit digitalen Klangerzeugungen. Aber tatsächlich ist es so, dass ich bei Rhodes- oder Klaviersounds bisher noch keinen Weg gefunden habe, mit diesen Simulationen so zu spielen, dass es für mich wirklich Spaß macht. Das Problem ist gar nicht die eigentliche Klangerzeugung, sondern ich kriege das einfach mit meiner auf Rhodes oder Klavier trainierten Hand nicht auf ein MIDI-Masterkeyboard übertragen, weil es eine ganz andere Velocity-Range hat. Da ist immer viel zu früh Schluss für mich, und wenn man noch härter drückt, verändert sich nichts mehr. Für ein Solo ist das furchtbar! Und beim echten Rhodes oder Flügel geht das natürlich.
Für Orgeln hast du mir mal ein gutes Plug-In empfohlen, das ich sehr gerne benutze: Blue3 (von GG-Audio, Anm. d. Red.). Ich habe aber auch eine CX3 und den Neo Instruments Ventilator, die super klingen: Eine Kombination aus immerhin einem analogen Klon und einer coolen Leslie-Simulation.
Eine echte B3 ist natürlich einfach ein Erlebnis, weil um dich herum alles vibriert und das Leslie dabei viel ausmacht. Ich habe übrigens bei einer Crowdfunding-Kampagne für ein neues Keyboard mit einem sehr interessanten Konzept mitgemacht: Osmose von Expressive E – da bin ich sehr gespannt darauf.