Nimmst du dann mit einem Sequenzer auf?
Nein, das mache ich nicht. Ideen nehme ich natürlich schnell mal auf, ganz einfach mit meinem Handy. Das liegt immer auf dem Piano. Wenn ich dann das erste Mal eine Notiz in der DAW mit einem Plug-in aufnehme, ist das Stück eigentlich schon fertig. Es geht mir dann hauptsächlich darum, das Stück zu fixieren.
Wenn du eine Komposition beginnst – gibt es da eine bestimmte Idee oder eine Atmosphäre, die du erzeugen willst?
Ich bin mir unsicher, ob ich den Begriff „Wollen“ für mich benutzen möchte. Eigentlich mache ich das, was mich gerade anspricht. Es gibt schon den Moment, dass ich etwas erzählen will. Aber in der Regel setze ich mich ans Piano und spiele etwas. Und das, was dann ein bisschen herausguckt, das schaue ich mir dann näher an.
Auf welchem Instrument komponierst du am liebsten – akustisch oder elektronisch?
In unserem Studio steht zwar ein Flügel, aber hier ist einfach zu viel los. Am liebsten spiele ich zuhause auf meinem Yamaha CP70. Ich habe auch das Gefühl, dass ich auf diesem Piano am meisten zulassen kann. Aber den Flügel nutze ich immer wieder für den Reality Check, um zu überprüfen, ob die Kompositionen funktionieren.
Hast du das Album dann hier im Skyline Studio aufgenommen?
Nein, das war im Van-Heys-Studio in Kleve auf einem Steinway D Konzertflügel – mit Ausnahme des letzten Stücks Nesuto, welches ich mit dem Flügel hier aufgenommen habe. Man hört das auch: Es knackt hier und dort, und es klingt sehr weich. Ich wurde auch gefragt, warum ich nicht komplett mit dem Flügel aufnehme, er würde doch so charmant klingen. Ich habe mich aber für den Steinway in Kleve aus einem bestimmten Grund entschieden: Ich wollte nicht etwas über den Klang erzählen, sondern über die Musik.
Mit über den Klang erzählen – meinst du damit den stark in Richtung Atmo gefärbten Klavierklang, den man in der Neoklassik gerade sehr viel hört?
Dieser mit Filz gedämpfte Upright-Sound mit all den Nebengeräuschen, das ist in der Tat sehr schön, aber ich sehe meine Musik anders. Es sollte möglichst viel Song sein und möglichst wenig Atmosphäre über eine bestimmte Klangwelt. Sowas sollte eigentlich in dem Song drin sein. Deswegen wollte ich in gewisser Weise ein normales Setup für das Instrument – nichts Steriles, aber etwas Gültiges.
Dieser Filzpiano-Sound hat schon etwas sehr Intimes, am besten dazu noch ein paar Kerzen aufstellen – einfach wunderschön. Aber ist man damit thematisch nicht auch sehr festgelegt?
Für ein paar Stücke wäre es vielleicht sogar richtig schön gewesen, mit einem Upright aufzunehmen. Aber ich hatte den Gedanken eigentlich nie. Es sollten eben im Kopf keine Kerzen da sein.
Manche Elemente in deinen Stücken erinnern an Ryuichi Sakamoto. Auch er spielt seine Piano-Solo-Stücke mit einem Konzertflügel ein, der zwar unglaubliche Nähe und Tiefe vermittelt, immer aber klar und transparent aufgenommen ist. Aber auch musikalisch: Viele deiner Stücke klingen jazzig, ohne Jazz zu sein…
Keine Einwände bzgl. Sakamoto – ganz im Gegenteil. Und „jazzig, ohne Jazz zu sein“ – eine wirklich schöne Beschreibung. Aber ich kann dir echt nicht sagen, was einen Akkord jazzig klingen lässt. Ich kenne diese Regeln nicht, was ich aber für mich ganz fruchtbar finde, da ich mich von Regeln auch nicht ablenken lassen kann.
Kompliment! Da hört man wirklich tolle Voicings und Melodiebögen.
Da sind natürlich viele Akkord-Voicings, aber sie sind auf intuitive Weise entstanden und nicht durch theoretisches Wissen.
Atermus ist dein erstes Solo-Projekt – hast du schon eine Idee, wie es weitergehen soll?
Mit der Veröffentlichung kommt für mich noch einiges an Arbeit zu. Die Website updaten, eine Tour vorbereiten – wenn das alles geschafft ist, werde ich mal weiterschauen. Ich möchte auf jeden Fall beim Live-Spielen mehr Routine erreichen.