Wenn es gerade um das Thema Ton geht, streiten sich die Geister über Monk.
Jamie: Ich weiß, es gibt immer wieder Leute, die eine Spieltechnik bei Monk einfach nur bezweifeln. Aber ich sehe das ganz anders, denn er hat ja den perfekten Ton für seine Musik gefunden. Ich finde, es ist einer der größten Sounds, die die Pianowelt hat. Monks Technik steht in direkter Verbindung mit seinem ganzen harmonischen und rhythmischen Universum. Es gehört alles zusammen.
Es ist immer etwas schwierig, diese tonalen Möglichkeiten des akustischen Klaviers konsequent auf das digitale Instrument zu übertragen. Wenn man über Tonbildung spricht, dann spielt man bei einem gesampelten Piano einen Sound, dessen Ton jemand anderes bereits gebildet bzw. geformt hat.
Jamie: Der akustische Klavierklang oder überhaupt das Akustikpiano ist für mich so etwas wir ein technisches Wunderwerk. Aus einem Klavier kannst du so immens viele Farbschattierungen herausholen, allein über die Anschlagtechnik den Tonansatz formen, das ist für mich das Fantastische an dem Instrument.
Du hattest eben über die Physik des Klavierspielens gesprochen – ist es nicht ein Missverständnis vieler angehender Pianist*innen, die Tonstärke mit der Anschlagstärke zu verbinden? Es ist vermutlich dem deutschen Wort geschuldet, im Englischen wird ja der Begriff „Velocity“ dafür verwendet, also Anschlaggeschwindigkeit.
Jamie: Du kannst die Physik nicht überlisten. Es gibt das Verhältnis zwischen Kraft, Masse und Beschleunigung. Beim Piano beschleunigst du die Masse der Tasten und Hämmer mit einer bestimmten Geschwindigkeit. Es ist also die Frage, wie schnell und nicht wie hart du die Taste herunterdrückst. Wenn du die Masse mit Kraft bewegen möchtest, wirst du eine Kraft spüren, die deiner entgegenwirkt. Dieses technische Verständnis ist – würde ich sagen – die Basis, um beim Klavierspielen einen großen Ton zu erlangen.
Jetzt haben wir viel über das Piano gesprochen – aber du spielst auch elektronische Instrumente wie Orgeln und Synthesizer. Auf dem Album You Don’t Know The Life ist sogar gar kein Klavier zu hören.
Jamie: Ich würde sagen, es ist zu 90 Prozent Hammond und dann noch einige andere Instrumente. Da ist diese White Hall Organ, eine Transistor Combo-Orgel und ein Stück ist mit dem Baldwin Electric Harpsichord. Es ist gleich auf dem ersten Stück des Albums zu hören – es basiert auf dem Stück Re: Person I Knew von Bill Evans.
Das Baldwin Electric Harpsichord ist ein sehr seltenes Vintage Keyboard. Es hat diesen drahtigen 60-Jahre-Sound, den man glaube ich aus Filmmusiken der Zeit kennt.
Jamie: Das Electric Harpsichord haben die Beatles gespielt oder auch Call Cobbs während seiner Zeit mit Albert Ayler. Der Sound hat mich immer schon fasziniert. Es ist schon ähnlich wie das Hohner Clavinet, aber doch total anders. Und irgendwie hat es für das Bill-Evans-Stück perfekt gepasst. Aber wie gesagt, in den meisten Stücken spiele die die Hammond.