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Auswendig Klavier spielen – 10 Tipps zum Klavierüben

  • Klavierstücke aus dem Gedächtnis zu spielen ist mit der richtigen Strategie gar nicht schwierig.
  • Wie viel man dafür Üben muss, ist sehr individuell. Es kommt aber vor allem darauf an, wie man übt.
  • Hier findest du 10 Tipps, die dir dabei helfen, Klavierstücke auswendig zu spielen.
Auswendig Klavier spielen
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Spontan ans Klavier und drauflos spielen, so dass die Melodien nur so aus einem herausfließen. Braucht es eine bestimmte musikalische Begabung, wenn man auswendig Klavier spielen will oder muss man das mühsam erarbeiten?

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Auswendig lernen beginnt bereits beim Üben...

Schon der Begriff „musikalische Begabung“ polarisiert und egal, ob improvisiert oder aus dem Gedächtnis fehlerfrei gespielt – beeindruckend ist es allemal, wenn Melodien, Harmonien und Rhythmus in einem stetigen Fluss scheinbar mühelos abgerufen werden. Wie funktioniert das und wie kann man es trainieren? Hier findest du 10 Tipps, die dir dabei helfen.

1. Nur Geduld – stumpfes Einpauken funktioniert nicht

Auswendig lernen beginnt bereits beim Üben – das ist Segen und Fluch zugleich. Aber man sollte es sich nicht so vorstellen, als würde man ein Gedicht auswendig lernen. Wenn man ein neues Stück einstudiert, dann werden verschiedene Ebenen gleichzeitig angesprochen – vor allem die Motorik braucht ihre Zeit. Beim Notenlesen müssen die Hände und Finger lernen, die Noten umzusetzen. Dieses Bewegungsgefühl prägt sich ebenso ein wie die Wahrnehmung der Töne.

Wenn du ein neues Stück lernst, dann nimm dir die Zeit dafür, die es braucht. Auch hier ist das Auswendig lernen sehr individuell: Manche haben ein fotografisches Gedächtnis und spielen in Gedanken das Notenbild ab, andere legen den Klang der Musik im Gedächtnis ab oder visualisieren die Musik über Formen und Farben.

2. Der Fehler-Loop!

Diesen Fehler machen viele beim Einstudieren eines Klavierstücks: Man macht an einer bestimmten Stelle immer und immer wieder denselben Verspieler, stoppt dort und setzt erneut an.

Vermeide unbedingt diesen Loop! Denn damit prägst du dir den Fehler ein. Anstelle dessen machst du das: Wenn es auch extrem langsam vonstatten geht, spiel an der Stelle weiter! Spiele ganz bewusst Schritt für Schritt die „richtigen“ Noten! Versuche zu analysieren, was der Grund für den Verspieler sein kann: Überprüfe z.B. Handhaltung und Fingersätze.

3. Übe mit Metronom!

Sobald die Abfolge der Noten geklärt ist, deine Hände und Finger also die richtigen Bewegungen gelernt haben, konzentriere dich darauf, die Noten rhythmisch korrekt zu spielen. Im Idealfall machst du das von vornherein. Manche finden es leichter, zunächst dafür zu sorgen, dass die Finger die richtigen Tasten finden, während andere sich eher am Rhythmus orientieren. Hilfreich sind Metronome, die gleichzeitig unterschiedliche Zählzeiten darstellen können. Das macht das Einüben von Noten auf Zwischenzählzeiten deutlich einfacher und transparenter.

Elektronische Metronome wie dieses Korg BeatLab können neben dem Basistakt auch Viertel, Achtel, Triolen usw. wiedergeben.
Elektronische Metronome wie dieses Korg BeatLab können neben dem Basistakt auch Viertel, Achtel, Triolen usw. wiedergeben.

4. Auf das Tempo achten!

Die verschiedenen Abschnitte eines Klavierstücks variieren nicht selten im Schwierigkeitsgrad. Versuche, das Tempo beim Einüben immer an die Parts anzupassen, die du nur langsamer spielen kannst.

Prägst du dir die Parts in unterschiedlichem Tempo ein, dann wirst du das u.U. später beibehalten und beim Vortrag des Stücks im Tempo herumeiern – nicht schön.

5. Höre dir das Stück an – sooft du kannst!

Auf diese Weise verinnerlichst du die Musik. Nur wer sehr geübt darin ist, kann ein Stück allein nach Noten erschließen. Wer gerade erst angefangen hat, wird damit seine Schwierigkeiten haben. Wenn du keine geeignete Aufnahme findest, dann können Notationsprogramme wie z.B. Musescore oder die geniale Halbestunde-App eine Hilfe sein, Noten in ein hörbares Klangbeispiel zu verwandeln.

6. Wiederholen, wiederholen, wiederholen…

Wiederholung schafft Evidenz. Diesen Satz sollte man als Warnung verstehen. Denn beim Üben gewöhnt man sich schnell auch an Fehler, wenn man sie nur oft genug wiederholt. Wiederholung ist wichtig, aber es kommt nur darauf an, wie man damit umgeht. Gehe zunächst das Stück in Abschnitten durch und vergleiche mit den Noten: Hat sich vielleicht doch ein Fehler eingeschlichen? Übe vor allem häufiger die Teile, die du nicht so gut kannst. Wenn du glaubst, dass alle Abschnitte in einem guten Gleichgewicht stehen, spiele das Stück fortan immer komplett durch und wiederhole, wiederhole, wiederhole! Achte dabei auf gleichmäßiges Tempo.

7. Spiele langsam!

Es ist kein Spielen um die Wette. Jedes Stück hat ein gewisses Tempo – und du hast deines. Gerade bei schnellen Stücken solltest du langsam in kleinen Schritten das Tempo nach oben schrauben. Denke dabei immer an Punkt 2: Nie den Fehler üben! Wenn man zu früh in höherem Tempo zu üben beginnt, dann spielt man weniger exakt und prägt sich dies auch ein. Daher…

8. Spiele bewusst!

Unterscheide zwischen dem Einstudieren und dem freien Spiel! Das analytische Zuhören und Kontrollieren Note für Note gehört eindeutig zum Einstudieren eines Stückes – nicht zum freien Spielen beim Live-Gig oder konzertanten Vortrag eines Klavierstücks.

9. Vergesse alle Skalentheorie und Noten!

Versuche dich auf den Flow der Musik zu konzentrieren, nicht auf die exakte Abfolge der Noten – die hast du jetzt drauf. Beobachte dich selber! Bist du auf das Stück fokussiert? Bist du konzentriert oder lenkt dich etwas anderes ab. Auch das kann man trainieren, indem man sich bewusst ablenken lässt, z.B. wenn du in einem anderen Raum ein Radio leise laufen lässt – so, dass du es gerade noch hören kannst. Jetzt konzentriere dich und spiel.

10. Nimm deine Performance auf!

Vielleicht ist es dir nicht bewusst, aber an diesem Punkt kannst du dein Stück bereits vollständig und sicher frei aus dem Gedächtnis spielen. Folge jetzt nur noch dem Flow und konzentriere dich auf den Ausdruck. Mit schnellen, virtuosen Passagen magst du beeindrucken, aber erst die Emotion in deiner Performance wird dein Publikum begeistern und ihre Herzen erobern! Egal, wie schwierig oder einfach das Stück ist, das du spielst.

Mit schnellen, virtuosen Passagen magst du beeindrucken, ...

Probiere ruhig auch mal verschiedene „Temperaturen“ und übertreibe den Ausdruck bei Passagen. Nimm die Performance auf und vergleiche anschließend: Hat es sich beim Spielen genauso angefühlt? Hast du wirklich so stark übertrieben, überbetont oder hat es womöglich perfekt gepasst?

... aber erst die Emotion in deiner Performance wird dein Publikum begeistern!

Auswendig spielen – nur für Super Brains?

Vielleicht hast du ja diese Vorstellung davon, dass Musiker*innen, die auswendig Klavier spielen können, ein überdurchschnittliches Erinnerungsvermögen besitzen. Schon möglich, dass dies mehr oder weniger ausgeprägt sein kann. Aber stellst du bei dir selber nicht schon auch fest, dass du ein Musikstück einfach so mitsummen kannst? Willkommen im Klub!

Offenbar scheint es uns leicht zu fallen, manche Musik zu verinnerlichen und zu reflektieren. Wichtig sind dabei wohl diese Faktoren:

  1. Man mag den Song oder den Beat, vielleicht ein bestimmtest Thema im Intro oder einen Break oder eine Textpassage.
  2. Man hat den Song x-mal im Radio, in Streams und Playlists gehört und mit der Zeit verinnerlicht.
  3. Die Musik entspricht den Hörgewohnheiten, es klingt auf gewisse Weise vertraut.

Griffige Hooks, Piano-Riffs und Melodie-Fragmente – klare Strukturen funktionieren wie von allein. Und doch gibt es Passagen in Klavierstücken, die komplexer sind und sich nur schwer einprägen mögen. Ganz zu schweigen von Werken der 12-Tonmusik oder der Neuen Musik, deren Struktur sich nur schwer (oder gar nicht) erschließen lässt.

Auswendig Klavier spielen - alles nur Mathematik?

Alles nur Mathematik?

Welche Mechanismen dahinterstecken, dass wir uns an bestimmte Passagen eines Musikstückes gut erinnern können und manche sogar für uns vorhersehbar erscheinen, damit beschäftigt sich eine Studie der Physikerin Suman Kulkarni von der University of Pennsylvania. Ihr Team an Wissenschaftler*innen hat versucht, die Auffassung von Musik als mathematisches Modell darzustellen. Eine Analyse der Werke J.S. Bachs hat dann zu einer Erklärung geführt, warum seine Musik auch heute noch so hohen Stellenwert hat.

Das Wissenschaftsmagazin Spektrum berichtet darüber – interessant und auf jeden Fall lesenswert.

Die Vorteile, auswendig Klavier zu spielen

Sich völlig auf das Spielen zu konzentrieren, ist eine Fähigkeit. Die Nervosität beim Vorspielen oder das Lampenfieber davor – das gehört auch irgendwie dazu. Aber man geht damit anders um, wenn man ein Gefühl der Sicherheit hat, was das Spielen betrifft.

Egal, ob du in einer Band, im Ensemble spielst oder allein spielst – du brauchst den Fokus auf genau das: Du hast deinen Part drauf! Denn dann kannst du dich in der Band oder Ensemble viel besser auf das Zusammenspiel konzentrieren. Spielst du solo, dann gilt alle Aufmerksamkeit deinem Vortrag mit allem Ausdruck und aller Emotion.

Auswendig Klavier spielen für Wiedereinsteiger

Wer in fortgeschrittenem Alter das Klavierspielen wiederentdeckt, wird feststellen, dass manche Stücke, zumindest Fragmente davon, scheinbar mühelos aus dem Gedächtnis abrufbar sind. Die Finger wollen anfangs noch nicht die richtigen Tasten treffen, aber die Erinnerung ist präsent.

Bei anderen Stücken wiederum scheinen die Erinnerungen verloren zu sein. Keine Sorge – es ist eigentlich noch alles da. Nur muss die Erinnerung reaktiviert werden. Zwar bleibt es nicht erspart,  dieses Stück erneut einzuüben, allerdings wird es leichter fallen, als würde man es komplett neu erarbeiten.

Grundsätzlich gilt für Wiedereinsteigende: Im fortgeschrittenen Alter lernt man anders als man es von damals aus der Jugendzeit gewohnt ist. Darauf muss man sich einstellen, sonst wird das Spielen und auch das Auswendig-Klavier-spielen zum Frust. Take it easy – take your time. Vor allem bedeutet es mehr Mühe, (Wieder-)Erlerntes in der Erinnerung präsent zu halten durch regelmäßiges Üben.

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