Klavier selber stimmen: Nur mit dem richtigen Werkzeug!
Ein Tuning-Set beinhaltet genau die wichtigen Werkzeuge aus dem Klavierbau, die man für kleine Korrekturen der Stimmung benötigt. Einen Stimmhammer, wie man ihn oben im Bild sehen kann, braucht man unbedingt. Denn seine Werkzeugspitze ist so geformt, dass er exakt auf die vierkantige Spitze des Wirbels passt. Der Stimmhammer wird von oben auf die Wirbel aufgesetzt und ist mit einem kräftigen Holzgriff verarbeitet, sodass man den Stimmwirbel auch präzise drehen kann.
Um herauszufinden, welche Saite eines Tons daneben liegt, dämpft man mit Hilfe der Stimmkeile die einzelnen Saiten eines Saitenchors ab. Jetzt kann man mit der Oktave darüber oder darunter die einzelnen Saiten vergleichen. Dort, wo die Schwebung am schnellsten pulsiert, haben wir die Saite gefunden, die nachgezogen werden will. Die Saite nun vorsichtig mit dem Stimmhammer bewegen und erneut überprüfen, ob der Ton stimmt.
Wenn es in der Oktave gut klingt, dann die Stimmkeile herausziehen und den nachgestimmten Ton komplett mit allen Saiten hören. Nicht selten wollen auch die anderen Saiten des Saitenchors ein wenig nachgezogen werden. Und man sollte auch bei dieser eigentlich kleinen Übung bedenken, dass man damit die Stimmung insgesamt verschlechtern kann.
Beim Stimmen ein Keyboard zu Hilfe nehmen?
Wenn man eine Saite etwas nachstimmen möchte, dann liegt die Idee schon nahe, als Referenzton ein elektronisches Keyboard heranzuziehen – schließlich sind elektronische Instrumente grundsätzlich genau gestimmt. Ebenso könnte man den Ton eines Stimmgeräts nehmen. Das kann funktionieren, muss es aber nicht.
Bedenken muss man hier, dass ein Klavier 1. auf eine bestimmte Art gestimmt ist und 2. insgesamt auf einer Tonhöhe gestimmt sein kann, die vom gängigen Referenzton (z.B. A = 440 Hz) abweicht. Letzteres kann damit zusammenhängen, dass dein Klavier ein klein wenig höher gestimmt wurde. Am besten gleich nach der nächsten Klavierstimmung mal die Klavierstimmerin bzw. den Klavierstimmer danach fragen.
Klavierstimmung und Inharmonizität
Auch wenn wir nur einen einzelnen Ton wahrnehmen, besteht die Schwingung einer Klaviersaite aus vielen Teiltonschwingungen, die den charakteristischen Klang der Saite bilden. Solange Teiltonschwingungen in ganzzahligen Verhältnissen liegen, spricht man von Harmonizität. Inharmonizität entsteht durch Abweichungen in den Teiltonschwingungen, was von Faktoren wie Saitenlänge und -spannung sowie der Steifheit des Materials abhängt.
Man kennt den Effekt von Kleinklavieren, die baubedingt verkürzte Basssaiten besitzen. Hier klingt der Bass oft metallisch und womöglich sogar schräg. Insbesondere sind Bass und Diskant beim Klavier von Inharmonizität beeinflusst, was bei der Klavierstimmung berücksichtigt werden muss. In diesem Punkt ist jedes Klavier individuell. Auch wenn es grundsätzlich gleichstufig gestimmt ist, gibt es innerhalb der Stimmung leichte Anpassungen, um die Inharmonizität auszugleichen. Hier kommt es ganz allein auf das geschulte Gehör von Klavierstimmer*innen an und es macht die Klavierstimmung zu einer Handwerkskunst.