Cory Henry im Interview
Cory, du bist in sehr vielen musikalischen Styles unterwegs. Welche Künstler waren für dich während deiner musikalischen Entwicklung wichtig?
Cory Henry: Ich habe mir immer schon alles Mögliche angehört, zu meinen Vorbildern auf dem Piano zählen Oscar Peterson, Art Tatum, James Cleveland, Walter Hawkings, Ray Charles und andere. Ich habe mir die ganzen Sachen angehört, auch um herauszufinden, wie ich es in der Kirche spielen konnte. Denn dort habe die ersten 16 Jahre meines Lebens Musik gemacht, hauptsächlich an der Orgel.
Man kennt dich für dein präzises rhythmisches Spiel mit immer wieder fantastisch schnellen Läufen, die einem in gestochen scharfem Timing nur so um die Ohren fliegen – woher kommt die Art, so zu spielen?
Eigentlich möchte ich Drummer sein, aber keiner lässt mich an den Drums spielen (lacht). Nein im Ernst – es ist damit wirklich ganz einfach zu erklären: Ich möchte Drum-ähnliche Sachen auf dem Keyboard nachempfinden.
Was würdest du jungen Keyboardern und Pianisten empfehlen, die sich musikalisch und spielerisch ähnlich orientieren wollen?
Schwer zu sagen, wo man da anfangen sollte – ich würde empfehlen, erst einmal zum Metronom zu üben, um eine rhythmische Sicherheit zu entwickeln. Ansonsten ist es ein guter Anfang, zu den Aufnahmen seiner Vorbilder zu spielen. Ich habe es immer so gemacht. Du nimmst dir dein Lieblingsalbum und lernst den Piano-Part zu spielen.
Wie hast du das gemacht ? Hattest du Noten oder hast du dir die Parts herausgehört?
Ich habe immer die Sachen rausgehört. Meiner Meinung nach ist das der beste Weg, dem Ganzen auf die Spur zu kommen. Zuerst versuchst du die Töne und Akkorde zu hören, dann spielst du zu der Platte. Und dann machst du den Song aus, um herauszufinden, was du davon aus dem Gedächtnis spielen kannst.
Viele Leute lernen heute mit Youtube-Videos…
Ja, das ist auch gut, es ist ja das gleiche Prinzip. Seine Vorbilder zu studieren, ist der beste Weg, um – auch auf einem professionellen Level – zum Musikmachen zu finden: Heraushören, nachspielen, transkribieren. Man muss lernen und verstehen, wie die Musik gemacht wurde, die man nachspielt. Das ist auch eine wichtige Grundlage, um seinen eigenen Sound und Ausdruck zu finden.
Wie findest du deinen Ausdruck in der Musik?
Das hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab: Jeder Tag ist anders, jeder Song hat ein anderes Feeling. Ebenso geben mir die Lyrics eines Songs immer ein bestimmtes Feeling. Und manchmal wird es mir auch zu langweilig, einen Song immer in dem gleichen Feeling zu spielen. Also ändere ich meine Spielweise. Ich versuche immer, den Moment einzufangen.
Den Instrumentals, die du auf dem Casio CT-X gespielt hast, folgte als letztes Stück ein Song mit Vocals. Änderst du diesen Song auch?
Ja, den Song liebe ich sehr. Den kann ich stundenlang spielen und dabei immer von neuem entdecken. Ich will herausfinden, auf welche Weise ich den Song noch spielen kann.
Meinst du damit, du änderst mal das Tempo, mal die Voicings, den Rhythmus…?
Ja, so etwas, aber auch die Lyrics können sich spontan ändern. Vieles inspiriert mich dabei. Es kann eine spezielle Phrase sein, ein bestimmter Teil des Songs oder etwas aus dem alltäglichen Leben, das mich dazu bringt, den Song auf neue Weise zu interpretieren.