Die bewegendsten Klavier-Performances von Vladimir Horowitz

Egal, welche Liste der größten Pianisten man sich anschaut, die Klavier-Performances von Vladimir Horowitz sind immer dabei.  Dafür sind natürlich seine bewegenden Klavier-Performances, die Tiefe seines musikalischen Ausdrucks und sein unglaublich lyrischer Ton verantwortlich, aber auch der Charakter des russischen Pianisten dürfte dabei eine Rolle spielen. Man könnte ihn wahrscheinlich als schillernd, exzentrisch oder auch als Diva bezeichnen, seine Brillanz und Expressivität am Instrument ließ aber alle Kritiker verstummen.    

Horowitz wurde 1903 geboren und hatte damit auch das Vergnügen, viele große Musiker und Komponisten persönlich zu erleben, darunter Dirigent und Schwiegervater Toscanini, Kollege Rubinstein, Ravel, Prokofiev, Skrjabin und natürlich Rachmaninow. Die beiden letzteren bescheinigten ihm außerordentliche musikalische Fähigkeiten. Wer das Klavier liebt, sollte diesen Ausnahmepianisten kennen, deshalb kommen jetzt die bewegendsten Klavier-Performances von Vladimir Horowitz.

#1 Rachmaninow – Prélude in gis-Moll op.32 No.12

Mit Rachmaninow verband Horowitz eine enge Freundschaft. Aus der Sicht der russischen Komponisten war Horowitz wohl einer der ganz wenigen Pianisten, die seine Werke „richtig“ spielten. Beim Prélude in gis-Moll wird klar, was Rachmaninow damit gemeint hat. Vom zarten Anfang bis zum chaotischen Höhepunkt haucht Horowitz dem Prélude unglaublich viel Leben ein und nutzt die Dynamik seines Instruments dafür voll aus. Im folgenden Video sieht man auch schön die ganz individuelle Handhaltung des Pianisten.

#2 Skrjabin – Etüde in cis-Moll op.2 No.1

Auch Skrjabin kannte Horowitz persönlich. Dieser hatte sein Talent schon in frühen Jahren erkannt und geschätzt. Auch bei dessen Etüde in cis-Moll werden die Melodien des Stücks unter Horowitz magischen Händen lebendig. Natürlich gelingt ihm das auch mit den vielen polyphonen Stellen, von denen Skrjabins Etüde durchzogen ist. Vom lieblichen Mittelteil, über die dramatische Wiederholung im Forte bis hin zum sanften Ende – ein wahrer Hörgenuss.

#3 Scarlatti – Sonate in h-Moll K.87

Einen ruhigen Gegenpol bietet Scarlattis Sonate in h-Moll. Diese ist zurückhaltender und längst nicht so leidenschaftlich, aber auch hier brilliert Horowitz mit dem richtigen Ton und einer Lebendigkeit, die nur wenige Musiker beherrschen. Er spielt das Werk intim, meditativ und mit ganz viel Tiefe. Und wie er die verschiedenen Stimmen stringent führt ist wahrhaft meisterlich.

#4 Chopin – Polonaise in As-Dur op.53

Die nächste Klavier-Performance von Vladimir Horowitz schlägt wieder ganz andere Töne an. Chopins Polonaise in As-Dur ist ein wahrer musikalischer Gassenhauer und wurde vom russischen Pianisten oft und gerne aufgeführt. Die folgende Aufnahme stammt von Horowitz Konzert in Wien im Mai 1987, bei dem er bereits 83 Jahre alt war. Somit ist der eine oder andere Fehler zu verzeihen, sein musikalischer Ausdruck sucht aber auch in diesem Alter seinesgleichen. Den Spaß, den er bei diesem Stück hatte ist nicht zu übersehen, inklusive erleichterter Grimasse am Schluss.

#5 Moszkowski – Etincelle No.6 op.36

Neben der unwahrscheinlichen Tiefe seines Spiels war Horowitz aber eben auch ein Showman mit einem ausgeprägten Sinn für Humor. Moszkowskis Etincelle No.6 gehörte deshalb zu seinen beliebtesten Zugaben, so auch ein Jahr früher bei seinem Berliner Konzert im Jahr 1986. Der musikalische Funkenflug dieses originellen Stücks versprüht eine gewisse Komik, die Horowitz eben auch beherrschte. Ein Erlebnis, das die damaligen Konzertbesucher sicher nicht vergessen haben.

#6 Sousa-Horowitz – The Stars and Stripes Forever

Nachdem Horowitz 1925 in die USA emigrierte, stand er natürlich auch musikalisch unter dem Einfluss der amerikanischen Kultur. Ein bestimmtes Werk eines amerikanischen Komponisten hat es ihm dabei besonders angetan: The Stars and Stripes Forever von John Philip Sousa. Als leidenschaftlicher Bearbeiter vorhandener Werke schrieb er auch diesen Marsch für das Klavier um und nutzte seine Transkription ebenfalls gerne als Zugabe. Die folgende Klavier-Performance wurde 1950 aufgenommen.

#7 Robert Schumann – Kinderszenen op.15

Während viele Pianisten bewusst auf einen hohen Schwierigkeitsgrad bei ihren Programmen achten, ließ sich Vladimir Horowitz nicht von vermeintlich einfachen Kompositionen abschrecken. Sein musikalisches Verständnis und die Tiefe seines Ausdrucks ließen ihn im Konzertsaal deshalb auch nicht vor Schumanns Kinderszenen halt machen. Diese spielte er beim bereits erwähnten Konzert 1987 in Wien sogar komplett, was einer musikalischen Sensation gleicht und unser Bild seiner bewegendsten Klavier-Performances perfekt abrundet. Als Schlusspunkt zeigt das letzte Video den Heimkehrer nach vielen Jahrzehnten des Exils bei seinem unvergessenen Konzert im berühmten Tschaikowski Konservatorium in Moskau ein Jahr zuvor. Dort spielte er Schumanns Träumerei, die perfekt in die emotionale Atmosphäre des Abends passte.